Lust auf mehr?!
Youthpaper Nr. 42, September 1999

Warum eigentlich beten?

(inspiriert durch Matthäus 9, 35-38)

von Carsten/YPR

Die große Ernte

35Und Jesus ging ringsum in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen.
36Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben.
37Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter.
38Darum bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende.

Neulich in der stillen Zeit las ich diesen Abschnitt aus Matthäus. Natürlich ist mir diese Stelle bekannt, aber diesmal stolperte ich über die letzten beiden Verse: “Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende.“ Es ging mir dabei gar nicht um das Thema Ernte, sondern um die Aufforderung zum Gebet, obwohl Jesus und Gott das Problem doch kennen und eigentlich handeln könnten. Wozu dann noch Gebet? Ihr kennt diese Frage sicherlich. Wenn Gott alles weiß, dann weiß er auch, was getan werden muß, und unser Gebet ist dann irgendwie überflüssig.

Es gibt natürlich viele Gründe zu beten: eine bekannte Antwort auf diese Frage ist zum Beispiel, daß Gott eben will, daß wir trotzdem mit Ihm reden, auch wenn Er schon vorher bescheid weiß. Aber warum eigentlich?

Mir ist in diesem Zusammenhang klar geworden, daß wenn wir zu Ihm kommen, um Ihn um Hilfe zu bitten, ja die Voraussetzung gegeben sein muß, daß wir uns des Problems überhaupt bewußt sind. Also haben wir uns vorher um unsere Umwelt und Mitmenschen Gedanken gemacht, Gebetsanliegen erkannt und uns mit den Problemen des Alltags auseinandergesetzt, indem wir sie im Gebet vor Gott gebracht haben. Zusätzlich gibt uns diese Erkenntnis aber doch auch die Möglichkeit, selbst tätig zu werden und zu helfen, wo wir gebraucht werden. Schließlich wissen wir ja jetzt, wo wir helfen können.

Und das ist es, denke ich, was Gott will. Nicht das wir dröge so vor uns hinleben und meinen, Gott wird’s schon richten, weil er sowieso viel besser weiß, was getan werden muß. Sondern daß wir uns mit der Welt, in der wir leben, den Menschen, die um uns sind, und natürlich uns selbst auseinandersetzen. Und dort, wo Handlungsbedarf besteht, im Gebet vor Gott treten, Ihn um Veränderung bitten, und falls möglich auch selbst aktiv werden. Wenn ich also um Unterstützung für eine Sache oder eine Person bete, dabei aber merke, daß ich ja selbst diese Aufgabe erledigen könnte, dann sollte ich aufhören zu bitten, daß sich jemand anderes findet und selbst einschreiten.

Gott wird uns dann, wenn wir Ihn um etwas bitten, das uns beschäftigt und wichtig ist, auch nicht im Stich lassen, und uns mit Kraft zur Seite stehen. Und vielleicht wird dann das, worüber wir uns heute noch den Kopf zerbrochen haben, gerade deswegen morgen der Vergangenheit angehören, weil wir Gott eben einfach sagen konnten, was unser Problem war.

Foto vom See