Die Benediktiner
von Martin/YPR
Der Benediktinerorden (ordo sancti Benedicti) ist einer der ältesten Orden der Welt. Er wurde bereits im 6. Jahrhundert von Benedikt von Nursia gegründet. Seit dieser Zeit leben die Benediktiner nach seinen Regeln. Da sich die Mönche neben ihren geistlichen Pflichten auch stark im weltlichen Leben engagierten, wurden ihre Klöster zu wesentlichen Trägern der abendländischen Kultur in Europa.
Benediktiner rodeten das Land, trieben Landwirtschaft, förderten Handwerk und Gewerbe, bauten und widmeten sich der Literatur und der Kunst und betrieben ein umfangreiches Schulwesen.
Ein Kloster der Benediktiner besaß immer ein Refektorium (Studienraum) und eine Bibliothek. Diese Bibliotheken waren die größten der Welt, weder Wissenschaftler noch Kaiser und Könige konnten dort mithalten, und selbst der Vatikan hatte eine kleinere Bibliothek. Niemand außer der Bibliothekar durfte die Bücher herausgeben. Wenn man welche lesen wollte mußte man lateinisch, griechisch und arabisch beherrschen.
Die Blütezeit des Benediktinerordens war zwischen 1060 und 1230, in dieser Zeit entstanden die meisten Benediktinerstifte. Von den 22 benediktinischen Männerklöstern des 12. Jahrhunderts existieren noch 13.
Noch heute gehören neben der Seelsorge, Erziehung und Wissenschaft zu den wichtigsten Aufgaben. Die meisten Benediktinerstifte besitzen Gymnasien und Erziehungseinrichtungen.
Die Ordenstracht ist schwarz, mit Gürtel und Skapullier (breiter über Brust und Rücken getragener Tuchstreifen des Mönchsgewandes).
Die benediktinische Spiritualität ist eine christliche Spiritualität (philosophische Lehre, daß das Körperliche nur Erscheinungsform des Geistigen ist). Als solche verdeutlicht sie wesentliche Aspekte des Christseins. Erbe und Auftrag der Benediktiner ist es, diese Aspekte heute in der Kirche lebendig zu halten und -mehr durch leben als durch Worte - zu bezeugen. Zwei Grundbewegungen kennzeichnen das benediktinische Leben.
1. Gott ist der immerzu Kommende
(Stich: Stift in Ettal)
Von diesem Geheimnis atmet die Benediktsregel vom Anfang bis zum Schluß. Gott liebt jeden Menschen. Er kommt auf den Menschen zu, er spricht ihn an. Er ist es, der den Mönch in die Christusnachfolge, in eine Gemeinschaft beruft. In der Heiligen Schrift kommt Gott auf den Mönch zu, in der geistlichen Lesung, in der Meditation, in den Sakramenten, im Stundengebet, im Abt,in den Gästen, in den Armen, in den Kranken, in den Pilgern, in den Mitbrüdern, bei der Arbeit, in jeder Situation und Begebenheit. Diese Grundbewegung -Gott als der immerzu Kommende- ist Voraussetzung für die zweite Grundbewegung.
2. Der benediktinische Mensch ist der immerzu Gottsuchende
Die wichtigste Frage bei der Aufnahme eines Bruders ist, ob er wirklich Gott suche. Die Lebensordnung der Gemeinschaft will die Gottsuche erleichtern und sichern. Man legt großen Wert auf Zeiten und Orte der Stille, um immer mehr hörender Mensch zu werden. Bei der geistlichen Lesung und der Meditation lassen sie sich von Gott ansprechen. 5-6 mal pro Tag trifft man sich in der Klosterkirche zum gemeinsamen Gebet und Hören auf Gottes Wort. Andere gemeinsame Treffpunkte sind die Mahlzeiten und die Erholungszeiten. Der Abt ist der Vater der Mönchsgemeinschaft. Er verteilt die anstehenden Aufgaben und Arbeiten. Ihm steht ein kleiner Rat von Mitbrüdern zur Seite.
Für Benedikt war klar, daß die Verschiedenheit der Meinungen, Talente und Charaktere nicht eine Bedrohung der Gemeinschaft ist, sondern eine Bereicherung. Gerade dadurch wird das Gemeinschaftsleben in besonderer Weise zu einer Schule der Nächstenliebe.
Benedikt ist überzeugt, daß niemand je an Gottes Barmherzigkeit verzweifeln muß. Der Gott Jesu Christi ist ein zurückkommender Gott. Das hat Maria in besonderer Weise erfahren dürfen; das versuchen die Benediktiner von Einsiedeln im Marienheiligtum durch ihr Leben zu bezeugen.