Lust auf mehr?!
Youthpaper Nr. 27, Februar 1997

Warum ich nicht mit nach Norwegen fahre...

von Cosima Wille

Es gibt wohl keine Regierung auf der Welt, an deren Entscheidungen im Bereich der Umweltpolitik nicht Kritik notwendig wäre. Dabei liegt es auf der Hand, daß man nicht ganze Völker für falsches Handeln ihrer Regierungen so ohne weiteres mitverantwortlich machen kann. Dennoch meine ich, daß es gerade unsere Aufgabe als Christen ist, Zeichen zu setzen.

Im Falle von Norwegen geht es gar nicht um eine "Einmischung" in innere Angelegenheiten dieses Landes, sondern um eine Bewertung politischer Entscheidungen, die gegen internationale Interessen gerichtet sind.

Wo liegt das Problem?

Seit der Mensch begonnen hat, Wale zu jagen, sind die Bestände einiger Arten an den Rand der Ausrottung geraten. Allein in diesem Jahrhundert - mit dem Aufkommen modernster Technik - wurden über zwei Millionen Wale getötet. Auf der Nordhalbkugel ist z.B. der Bestand der Minkewale durch die starke Bejagung - vor allem norwegischer Walfänger - auf weniger als die Hälfte zurückgegangen (s. Abb.(Anm. d. Online-Red.: Die Abbildung ist z.Zt. nicht mehr verfürgbar)).

1972 wurden von der Internationalen Walfangkommission (IWC) einige Walarten unter Schutz gestellt und für andere Fangbegrenzungen festgelegt. 1982 beschloß die IWC ein unbefristetes Verbot des kommerziellen Walfangs. Erst 1985 erreichte die IWC den bis jetzt andauernden Schutzstatus der Minkewale.

Dieses auch als MORATORIUM bezeichnete Fangverbot wurde von Anfang an von Norwegen, Japan, Island, der UdSSR und Korea mißachtet. Trotz Inkrafttretens des MORATORIUMs starben in der Folgezeit ca.15000 Großwale durch die Harpunen der Walfänger.

Z.Zt. ist Norwegen das einzige Land, das sich nicht an das weltweite Walfangverbot hält. Seit 1993 haben die norwegischen Walfänger wieder mit der kommerziellen Jagd auf Minkewale im Nordostatlantik begonnen. So wurden in den letzten 60 Jahren ungefähr 100.000 dieser Tiere mit Unterstützung der norwegischen Regierung gefangen. Seit 1992 haben die 17 Mitgliedsstaaten der IWC, das Europäische Parlament, das Britische Unterhaus und die US-Regierung gegen den Walfang Norwegens protestiert. Trotzdem forderte die norwegische Regierung die Aufhebung des Verbots des kommerziellen Walfangs, sowie eine Lockerung des Exportverbots für Walfleisch, um den japanischen Markt beliefern zu können.

Darüber hinaus behaupten Norwegens Behörden immer wieder, daß ihr Walfang legal sei, weil sie durch ein Veto nicht an das Walfanggebot der IWC gebunden sind. Sie begründen den Walfang mit sog. "legitimer Nutzung nationaler Ressourcen", weil die Wale in der 200-Meilen-Zone Norwegens gefangen würden. Es ist jedoch längst Bestandteil internationalen Rechts, daß die Jagd auf wandernde Arten (besonders Wale) nicht national, sondern international geregelt werden muß. Da aber das internationale Recht sehr schwach ist, kann es innerhalb der IWC durch ein einfaches Veto einzelner Mitgliedsstaaten durchbrochen werden.

Am 4.Mai 1996 legte Norwegen für sich eine Fangquote von 425 Minkewalen fest - und die Jagd geht weiter...

Warum ich diesen Artikel schreibe, dürfte deutlich geworden sein: Ich möchte Euch dazu aufrufen, über den angesprochenen Sachverhalt nachzudenken und angesichts dessen einmal zu überlegen, ob eine Freizeit gerade nach Norwegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt gerechtfertigt ist.

Es geht mir dabei um die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse, und darum, ein Zeichen aus christlicher Sicht zu setzen - aus Verantwortung den Mitgeschöpfen gegenüber.

Eure Cosima

P.S. Wer mehr Infos zum Thema haben möchte, kann mich fragen.