Konfafahrt 2000
von Johannes Nehlsen
Für mich, Felix Florian Bergemann sowie Nicolas Uwe Bott begann die diesjährige Konfirmandenfreizeit einen halben Tag früher, als für alle anderen Mitfahrer. Mein Wecker klingelte um 03:45 (sprich: Dreiuhrfünfundvierzig). Also, wer noch nie im Morgengrauen mit 120 km/h über das geliebte Kopfsteinpflaster unseres Nachbarlandes, äh...., Nachbarbundeslandes Brandenburg gebrettert ist und dabei versucht hat den Fernbahnhof Oranienburg aufzusuchen, hat wirklich etwas verpasst, wirklich. Ich weiß nicht, ob der eben genannte Ort auch Einwohner hat, jedenfalls war da eine Tankstelle, in der Licht brannte, und deren einheimische Tankstellenpächterin grob den Weg zum Bahnhof zu beschreiben vermochte. So erreichten wir, von kaltem Angstschweiß durch und durch durchtränkt, doch noch den Fernbahnhof Oranienburg, fünf Minuten bevor der RE 38302 nach Neubrandenburg abfahren sollte. Das war um 05:33 Uhr.
Um 12:05 Uhr, also genau sechs und eine halbe Stunde später, erwachten wir wieder und fanden uns auf einem kleinen Bahnhof namens Ascheberg (Holts.) wieder. Dort holte uns ein durchaus bekanntes Gesicht der Petrus-Gemeinde ab und brachte uns erschöpft, verschwitzt, von Raucherabteilen verqualmt und müde ins Schlößchen, welches wir ziemlich dreckig und unaufgeräumt vorfanden, jedoch versicherten uns die Zivis, dass das in den nächsten zwei Stunden zu schaffen sei.
Irgendwann fuhr dann der Sterntaler-Bus vor und am Steuer saß nicht Magdalene Spies, wie ich zuerst vermutete, sondern unsere geliebte Pia, die uns schon seit Jahren sicher nach Mölln und Ascheberg befördert hat und die alle gern haben.
Nachdem alle ihre nun blitzblanken Zimmer in Besitz genommen hatten und die erste Mahlzeit in gewohnt schneller Form zu sich genommen war, verkroch sich ein jeder auf sein Zimmer, bzw. erkundschaftete die paradiesisch anmutende Halbinsel.
Um 15.30 Uhr begann schon der erste Programmpunkt, zu dem ich hier an dieser Stelle lieber nicht viele Worte verlieren möchte. Nur so viel: Noch nie zuvor sah ich Konfirmanden mit einer solchen Grazie verschiedene Fruchtsäfte zu sich nehmen, noch nie hatte Mark James eine bessere Ausrede sich in der Mädchendusche rumzutreiben (Fotodosenschütteln) und noch nie hatte Daniel eine bessere Begründung für seine wuschige Frisur, nachdem er unter einem Riesenbettlaken ordentlich durchgeschüttelt wurde. Das ganze hieß dann Sensiparcour.
Der Eröffnungabend wurde zu einem heiteren Containerkennenlernen. Verschiedene Gruppen, die alle untereinander eine Gemeinsamkeit besaßen (z.B. die Tatsache, dass die Quersumme ihrer Geburtstage die gleiche Zahl ergibt, als wenn man ihre Hausnummer durch drei teilt) mussten diese erraten und nebenbei bekannte und weniger bekannte Kennenlernspiele bestreiten. Dabei kam man sich schnell näher, nicht wahr, Karlo? Außerdem weiß Tobias seitdem, wie schwer es ist sich ein Gummi überzuziehen...(ein Schießgummi natürlich...). Der Abend endete schließlich mit der gewohnten Nachtwache ab 22.30 Uhr, die ich zur Freude aller Konfirmanden an diesem Abend zu bestreiten hatte. Hiermit noch mal einen schönen Gruß an Corina, Jaqueline und Svenja, die bis heute nicht wissen, ob da nun wirklich jemand in ihrem Zimmer war...
Am folgenden zweiten Tag ging es wie an fast allen Vormittagen los: Singen, Passolini-Film gucken, in die Bibelgruppen gehen. Jeder hat dort seine eigenen Erfahrungen gemacht, so dass ich darüber nichts erzählen kann und möchte.
Der Nachmittag stand ganz im Zeichen von aktuellen Songtexten aus den Charts, die in Gruppen besprochen und kreativ bearbeitet wurden. Am Abend wurden dann die Ergebnisse der Gruppen präsentiert. Dabei kamen die unterschiedlichsten Sachen heraus: Ein unbekannter Regisseur und Kameramann produzierte ein skandalöses Musikvideo zum Toten Hosen Hit "Warum werde ich nicht satt". Zu Xavier Naidoos "Seine Strassen", dass zum Freizeithit wurde, konnte man eine Mischung aus Ausdrucktanz, Pantomime und Theater bestaunen. Zu Limp Bizkits "Take a look around" malten talentierte Nachwuchskünstler heitere Bildchen und zu Janet Jacksons "Doesn´t really matter" tanzten uns Jennifer und ihre Gruppe was.
Am nächsten Morgen ging es wie gewohnt in den Bibelgruppen los, am Nachmittag stand der Ausflug nach Plön auf dem Programm. Nachdem wir die Todeskurve alle überstanden hatten und der 25minütige Fußmarsch hinter sich gebracht war, stiegen wir in die Regionalbahn nach Plön. Ich hatte das komische Gefühl, hier in den letzten Tagen schon einmal langgefahren zu sein... Jedenfalls lachte ich, wie jedes Jahr heiter: Wer jemals die Strecke Ascheberg - Plön fährt, sollte kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Plön aus dem in Fahrtrichtung linken Fenster sehen und das große Schild bestaunen, auf dem steht: "Betrieb Willi Fick". Damit kann man jeden Konfirmand erheitern, ehrlich. In Plön angekommen wurden wir in ein Stadtspiel eingeführt, dass für einen Teil der Mitarbeiter fälschlicherweise bei einem Stück Torte im Café Vis-a-Vis, statt in der örtlichen Kirche endete. Nach dem Stadtspiel nutzten die meisten die verbleibende Zeit um die dort ansässigen Supermärkte zu plündern. Vielen fiel die Wahl zwischen Sky, Lidl, Aldi und Plus so schwer, dass sie einfach alle besuchten. Überhaupt hielt man sich in diesen Stunden lieber in Geschäften auf, anstatt eine Bummel durch die Einkaufstraße zu machen, da der für die letzte Nacht angekündigte Orkan sich nun mit etwas Verspätung bemerkbar machte. Wir trafen uns also völlig verweht und zerzaust am Bahnhof wieder und tauschten das Erlebte untereinander aus. Wieder in Ascheberg angekommen brach so langsam die Panik unter manchen Mitarbeitern aus. Einige hatten nämlich kleine Zettelchen vom Äktschn-Abend-Team erhalten, mit der Aufgabe mit vier fünf Leutchen einen Sketch aufzuführen. Und so wurde die Zeit zwischen Abendbrot und Start des Abendprogramms zur kreativen Vorbereitung genutzt. Und dann ging es auch schon los. Die 20000 Zuschauer tobten als Patty und Jennifer die eigens für dieses Event erbaute Bühne betraten um die Show um das "Goldene Gummibärchen 2000" zu eröffnen. Es folgten eine Reihe von Sketchen sowohl vom Team selbst, als auch von den zuvor erwähnten Gruppen. Eröffnet wurde der Reigen durch die Gruppe von Tobi, der täuschend echt in einen Eimer kotzte, als hätte er darin eine Menge Erfahrung und der Gruppe von Felix (ich hör das Knacken noch heute). Karlo gab offen seine Leidenschaft für Schlankheitsmittel mit Whiskygeschmack zu und Johanna und Christina plauderten offen und ehrlich über Beautytips und Beinrasur, jaja, Frauen und Technik. Norman und seine Gruppe versuchten sich im Wortspiel und machten aus "Möchtegern-Machos" einfach "Möchtegern-Nachos". Humor ist, wenn man trotzdem lacht...
Bleibt zu diesem Tag noch zu sagen, dass Tine nun endlich offiziell Nachtwache hatte und sich voll ausleben konnte (in den Nächten zuvor hatte sie diesen Job schon inoffiziell wunderbar ausgeführt...)
Am Dienstag stand schon wieder ein Ausflug auf dem Programm, diesmal in die große Stadt Lübeck. Direkt nach dem Frühstück ging es wieder ab zum Bahnhof. In Lübeck angekommen, durfte ich erst einmal Zeuge eines Ereignisses werden, dass mich zu Tränen rührte. Eine alte Dame stand mit ihrem Koffer hilflos vor der Treppe hoch zum Bahnhofsgebäude. Keiner nahm sich ihrer an bis Gernot, äh...Karlo kam. Er half der alten Dame in einer schier unglaublichen Freundlichkeit ihren Koffer auf das Beförderungsband zu stellen und geleitet sie bis nach oben. Eine rührig-putzige Szene. Danke, Karlo!
Als die Tränen getrocknet waren liefen wir gemeinsam zu diesem Ding, das auf den 50-Markscheinen drauf war, die es jetzt nicht mehr gibt. Dort teilten wir uns in zwei Gruppen, um an einer Stadtführung teilzunehmen. Ich hatte die Ehre in der Gruppe von der lieben Ingrid zu sein. In einer engelsruhigen Art führte sie uns durch die Altstadt Lübecks. Ab und an stellte sie gekonnt Zwischenfragen an das Publikum, dass so immer wieder aus dem Trancezustand geweckt wurde, in des es ab und an gefallen war. Nadine war der absoluten Überzeugung, dass es sich bei dem Gewässer, welches sich durch die schöne Hansestadt windet um die Transe handelt und band das der guten Ingrid auch gleich auf die Nase. Leider fiel der Besuch einer Marzipanfabrik dieses Jahr aus unerklärlichen Gründen in die Transe, bzw. ins Wasser. Nach der Stadtführung erkundete noch jeder auf eigene Faust die Stadt, aß beim kleinsten McDonalds der Welt zu Mittag, oder besuchte das Marzipanmuseum von Niederegger. Ach ja, da war ja noch der gute Oliver. Noch nie habe ich einen Menschen gesehen, der so stolz und glücklich war eine B.Z. erstanden zu haben. Mir kamen beinahe wieder die Tränen...
Zurück in Schloß Ascheberg schloß sich der Filmabend nahtlos an. Die "Truman Show" stand auf dem Programm. Die Schlussszene, als Truman einsam auf dem Meer segelt, erinnerte mich an den Wellenreiter (Film der vergangenen Jahre) und ich musste wieder weinen.
Am darauffolgenden Morgen ging es wieder in die Bibelgruppen. Am Nachmittag stand das Geländespiel auf dem Programm. Es gab fünf verschiedene Gruppen, die um Wählerstimmen, welche im Wald versteckt waren, kämpfen mussten. Diejenige Partei, die die meisten Wählerstimmen gesammelt hatte und die sich in den verschiedensten Disziplinen (Fahne malen, Parteiprogramm raten, usw.) bewährt hatte, durfte den neuen US-Präsidenten stellen. Selbstverständlich gewann meine Gruppe und wurde völlig zu Unrecht beim Singen der Nationalhymne schändlich ausgebuht. Unser Gegner verlangte eine Neuauszählung der Stimmen per Hand. Doch auch nach der Hinzuzählung der Briefwählerstimmen Floridas konnte das Wahlergebnis nicht in Frage gestellt werden. Leider kann ich mich nicht mehr daran erinnern, wer unser Präsident war.
Nun denn, am Abend wurde es ruhiger, denn der Entscheidungsabend stand auf dem Programm. Zunächst lauschten wir einem Interview von Nadine und Tobias, die über ihr Leben mit Gott berichteten. Darauf sahen wir ein Theaterstück und Karlo schloß mit seiner Ansprache den Kreis. Am folgenden Nachmittag sollten dann persönliche Gespräche folgen, in denen jeder Konfirmand über die Fahrt und das Erlebte mit zwei Mitarbeitern sprechen konnte. Gleichzeitig fanden kreative Workshops statt, in denen man bei der Kreativität in Person, Jennifer Schütze, sich T-Shirts bemalen konnte. Es gab aber auch die Möglichkeit die Kletterwand zu besteigen.
Nachdem die Gespräche beendet waren, fand ein Ereignis statt, dass ich hier nur kurz erwähnen möchte. Stellvertretend für alle beteiligten Mitarbeiter drücke ich hiermit meine unendliche Scham aus. Deutschland - Dänemark bei der EM 1992 oder Deutschland - Kroatien bei der WM 1998 waren nichts gegen das peinliche 3:3 beim traditionellen Kick Mitarbeiter gegen Konfirmanden. Niemand kann sich an eine Fahrt erinnern, bei der die Konfirmanden nicht gegen die Mitarbeiter verloren haben, nicht mal Norman und der ist ja schon mit Martin Luther auf Konfafahrt gewesen... An dieser Stelle sagen wir: Carsten, Tim, Benny, Sascha und Björn R.: Wir brauchen euch!
Der Abschlussabend stand ganz im Zeichen des Neuen Jugendkreises. Beim interaktiven Glücksrad wurden die 4 G´s (Gottes Wort, Gebet, Gemeinschaft und Gehorsam) erraten, die auch Thema der ersten Kreise sind. Als letzten Begriff musste der Name des Kreises erraten werden. Das war selbst für die sonst so fix denkende Vicky nicht ganz einfach und so wurde zunächst auf den Ultimativen Lebens-Preis gesetzt. Aber es dauerte nicht lange, da war auch dem letzten klar, dass es ULTIMATIVER-LEBENS-KREIS heißen musste. An dieser Stelle möchte ich noch mal alle Konfirmanden dazu einladen. Jeden Mittwoch um 18.l5 Uhr treffen wir uns, um Gemeinschaft zu haben, zu singen, zu beten, in der Bibel zu lesen, mehr von Gott zu erfahren, zu spielen und viele andere heitere Dinge zu treiben.
Der Abend klang mit DJ Fred und der dazugehörigen Party aus, bei der sich nicht nur Karlo als Partylöwe outete.
Ja, und dann war auch schon Freitag. Am Morgen feierten wir einen Abschlussgottesdienst, in dem wir auch den letzten Teil des Passolini-Films sahen. Darauf gings ans Packen. Pia war an diesem Tag überpünktlich, so dass wir sie noch zum Mittagessen einluden.
Ich hatte mal wieder seit einigen Jahren die Ehre im Bus mitzufahren, der um kurz nach 14.00 Uhr vom Hof rauschte - und ich weinte wieder.
Im Ghetto angekommen sangen wir zum Abschluss noch ein letztes mal unser Lied: Groß ist unser Gott - dann nahm jedermann Abschied. Ein Abschied der nicht schwer fiel, denn man sah sich ja schon am folgenden Mittwoch wieder....
Euer Jonny