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Youthpaper Nr. 35, Juni 1998

Youthpaper-Umfrage

Macht Fußball glücklich?

von Norman/YPR

Ganz klar, in diesen Tagen und Wochen kommt kaum jemand am Fußball vorbei. Es ist Medienthema Nummer 1, diese Fußballweltmeisterschaft in Frankreich, manche bezeichnen diesen Monat als fünfte Jahreszeit, die alle 4 Jahre wiederkehrt.

Umfrage-Diagramm   In einer exklusiven Youthpaper-Umfrage, die wir vor der WM durchführten, stellten wir unseren Lesern die Frage "Wer wird Fußballweltmeister?" und wollten darüber hinaus auch von ihnen wissen, ob Fußball glücklich macht. 45 Personen machten bei unserer Umfrage mit (23 männlich, 22 weibliche). Ohne große Umschweife hier zunächst das Ergebnis:

Bei der Frage nach dem Weltmeister führt ganz klar Deutschland. Für 1/3 der Befragten ist unsere Elf der Topfavorit, gefolgt von Brasilien mit 11% und Frankreich, Nigeria und Dänemark (!) mit je gut 4%. Allerdings zeigt sich auch, daß 1/3 noch sehr unschlüssig ist, denn sie gaben an: "Keine Ahnung!" Und das werden sie ja wohl nicht wörtlich gemeint haben, oder? Der Fernsehsender DSF führte vor der WM eine Umfrage zum gleichen Thema durch und kam auf ähnliche Ergebnisse: Deutschland 36%, Brasilien 20%, Frankreich 4%.

Deutliche Unterschiede gibt es bei dieser Frage zwischen Männlein und Weiblein. So ergab unsere Umfrage, daß bei Männern nur 22% keine Ahnung haben, während es bei den Damen 46% sind. Trotzdem bleibt Deutschland geschlechtsunabhängig Favorit: 39% bei den männlichen Befragten, 27% bei den weiblichen. Brasilien erhält von den Damen mehr Stimmen: 14% bei den Damen, 9% bei den Herren. Bei den Herren ist dafür Frankreich (9%) stärker vertreten als insgesamt. Die Damen haben dafür Spanien, Holland und Italien überhaupt nicht auf der Rechnung.

Umfrage-Diagramm   Deutlich extremer gehen die Meinungen bei unserer zweiten Frage auseinander. Insgesamt sagte 1/3 der Befragten "ja" zum Fußballglück, 47% sagten aber auch eindeutig "nein". 20% machten andere Angaben, wie z.B.: "kann glücklich machen", "macht manchmal glücklich", "macht manche bzw. andere glücklich" oder auch "macht einsam". Gravierende Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während 48% der Herren auf unsere Frage spontan mit "ja" antworteten, taten dies nur 18% bei den Frauen. 30% der Männer sagten "nein", 64% bei den Damen. Bei einer Umfrage der Zeitschrift "TV Hören und Sehen", die auch fragte "macht Fußball glücklich?" ergab sich ein ähnliches Bild.

Was können wir nun für ein Fazit ziehen? Zunächst müssen wir festhalten, daß unsere zweite Frage natürlich völlig ungenau war. Manch einer verstand sie als Frage nach dem absoluten Lebensglück und antwortete verständlicherweise mit "nein". Andere fühlten sich eher gefragt, ob sie beim Fußball auch Glücksgefühle entwickeln können und antworteten im Hinblick auf spannende Spiele und eigene Jubelstürme verständlicherweise mit "ja". Fest steht, daß Fußball populärer ist als jemals zuvor. Fußballfans haben nicht mehr zwangsläufig mit dem Attribut der Dummheit zu kämpfen, auch Intellektuelle dürfen heutzutage zugeben, daß sie Fußball lieben. Forscher beschäftigen sich intensiv mit der Entstehung und Entwicklung von Stadiongesängen und Klatschrhythmen. Einer dieser Forscher (der aus der Cola-Werbung mit dem Fan-Abitur) stellte sogar die interessante und zugleich nachdenklich stimmende These auf, daß der Stadionbesuch zu einer Art Gottesdienst bzw. Religionsersatz geworden ist. Es wird gesungen und geklatscht, es gibt eine Art Liturgie mit Wechselgesängen zwischen Stadionsprecher und Fans oder auch unter den Fans, Leute tragen teilweise eine bestimmte "Tracht", die nur zu dieser Gelegenheit getragen wird und haben tiefe Gemeinschaftserlebnisse.

Zugegeben eine sehr gewagte These, aber in einem hat er Recht. Viele Menschen suchen nach einem festen Punkt, einem Halt im Leben und einige versuchen diesen im Stadion in einer Art Religionersatz zu finden. Doch dieses "Glück" kann der Fußball nicht bieten, er bleibt die schönste Nebensache der Welt, auch in der fünften Jahreszeit.