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Youthpaper Nr. 32, Dezember 1997

Gemeinde im Umbruch

Interviews

von Norman/YPR

Rolf Dieter Degen, die meisten von euch werden ihn aus dem Jugendgottesdienst kennen oder hatten ihn früher mal als Jugendkreisleiter, verläßt zum Januar 1998 unsere Gemeinde. Grund genug für uns, ihn zu einem Kurzinterview zu bitten.

Youthpaper (YP): Wie und wann bist Du denn in unsere Gemeinde gekommen?

Dieter Degen (D.D.): Am 15. Dezember bin ich genau 10 Jahre in ApoJo. Ich bin damals zusammen mit meiner Frau nach Berlin gekommen. Wir hatten nur das Auto und etwas Bargeld, aber hier noch keinen Job und keine Wohnung. Wir kamen aber im Vertrauen auf Gott hierher, im Vertrauen darauf, daß er uns hier für Theaterarbeit in Berlin gebrauchen will. Und dann war es für mich ein großes Geschenk, daß ich innerhalb von 2 Monaten eine Wohnung hatte und die Stelle hier in der Gemeinde.

YP: Wie war die Zeit hier für Dich in ApoJo, gerade in der Jugendarbeit?

D.D.: Schwerpunktmäßig habe ich ja im damaligen Dienstags- und Mittwochsjugendkreis mitgearbeitet, und außerdem im Bereich Theaterarbeit, im Jugendgottesdienst und im Predigtdienst.

Im Laufe der Zeit habe ich die Leute in den Kreisen richtig liebgewonnen und freute mich darüber, zu sehen, wie einige von ihnen im Glauben gewachsen sind und sich entwickelt haben. Außerdem fand ich es sehr schön, daß hier in der Gemeinde von Anfang an eine große Offenheit für Theaterarbeit vorhanden war. Traurig hat mich dagegen gemacht, sehen zu müssen, wie doch die meisten Leute im Laufe der Zeit von den Kreisen und der Gemeinde absprangen und wegblieben. Insgesamt sind doch nur wenige geblieben.

YP: Möchtest Du den Leuten etwas mit auf den Weg geben?

D.D.: Das Schönste ist für mich, wenn für einen Menschen der Glaube echt wird, das heißt, daß er Gott und anderen nichts vormacht, daß er seine Anliegen ehrlich vor Gott ausspricht ohne an Formalien gebunden zu sein, daß man um eine Echtheit und Lebendigkeit in der Beziehung zu Gott und zu anderen ringt.

Außerdem möchte ich die älteren Jugendlichen an ihre Vorbildfunktion erinnern. In dem Bereich mache ich mir Sorgen. Ich denke, da kommt man nicht drumrum, die Jüngeren blicken nunmal auf die Älteren, und das ist wichtig für ihre eigene Orientierung und ihr Wachsen im Glauben. Die Älteren müssen sich klar sein, daß sie es sind, die die Jüngeren auch mit prägen.

YP: Wie geht es denn jetzt für Dich weiter?

D.D.: Ich habe eine Stelle beim CVJM in Berlin-Mitte bekommen und werde dort für den Bereich Theaterarbeit zuständig sein.

YP: Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute und Gottes Segen für deinen weiteren Weg.

 

Die Sparmaßnahmen machen vor unserer Gemeinde nicht halt. Dieter Degen verläßt die Gemeinde und Herr Nothdurft, unser Kantor, wird ab Januar nur noch zu 50 % bei uns beschäftigt sein. Nicht zuletzt auch aus diesem Grunde führten wir ein kurzes Interview mit unserem Haus- und Kirchwart Walter Grünheidt.

 

YP: Hallo, Walter. Seit wann bist du eigentlich hier in ApoJo?

Walter Grünheidt (W.G.): Seit Oktober 1992 bin ich in Berlin und seit November 1992 hier in der Gemeinde.

YP: Wie kam es denn dazu?

W.G.: Ich komme ja aus Brasilien und bin auch dort geboren. Mein Großvater kam aus Deutschland. Ich war in Brasilien arbeitslos geworden. Dort gibt es keine soziale Absicherung für solche Fälle. Dort wäre es mir und meiner Familie sehr schlecht gegangen. Als meine Schwester aus Deutschland kam und mich dort besuchte, schlug sie vor, daß ich nach Berlin kommen sollte, um hier einen Job zu finden. Dazu kam, daß ich ja dort in Brasilien auch zu einer Kirchengemeinde gehörte, zu einer deutschsprachigen Baptistengemeinde, und der Pfarrer dort bekam auch die Zeitschrift "Idea Spektrum". Da hat er die Anzeige gefunden, daß ApoJo einen Hauswart sucht, und sagte mir Bescheid. Ich habe einiges verkauft, um das Flugticket zu bezahlen, und bin hierher gekommen, um mich um Job und Wohnung zu kümmern. Mit Gottes Hilfe hat das alles überraschend schnell und wunderbar geklappt und schon bald konnte meine Familie nachkommen.

YP: Was hattest du denn vorher in Brasilien für einen Job?

W.G.: Ich war in einer Fabrik mit über 500 Angestellten zuständig für den Einkauf, also so eine Art Abteilungsleiter oder Manager.

YP: Wie war dann deine Arbeit hier für dich?

W.G.: Die Umstellung war groß. Eigentlich wollte meine Familie und ich ja auch gar nicht aus Brasilien weg, doch uns blieb keine Wahl, wenn wir dort nicht in die Armut abrutschen wollten. Und was den Hausmeisterjob angeht: Ich wußte ja zuerst gar nicht, was ein Hausmeister in einer Kirchengemeinde so macht.

YP: Kommen wir zur Gegenwart. Dieter Degen geht und Herr Nothdurft ist nur noch zu 50% hier. Außerdem sieht der Stellenplan für Senfkorn und ApoJo nach der Fusion im nächsten Jahr nur noch einen Hauswart vor, aber in Senfkorn gibt es ja auch noch einen Hausmeister. Wie sieht die Zukunft für dich aus?

W.G.: Da gibt es ein Problem. Nur einer von uns kann bleiben, aber der Hauswart von Senfkorn ist unkündbar, da er schon über 15 Jahre dort arbeitet. Das Problem für mich ist, das ich mit der Arbeit ja auch meine Wohnung hier verliere. Außerdem habe ich 2 Kinder. Dieses Problem hat der andere Hauswart nicht, er hat keine Kinder und auch keine Dienstwohnung, und er hat eine Ausbildung hier in Deutschland gemacht. Sowas habe ich nicht. Über all diese Sachen mache ich mir sehr große Sorgen.

YP: Das kann also bedeuten, daß du vielleicht beim nächsten Weihnachtsfest gar nicht mehr hier bist?

W.G.: Vielleicht bin ich im Sommer schon nicht mehr hier, die Fusion soll ja schneller gehen. Aber: Gott ist groß und wir werden beten. Er hat uns hier nach Deutschland gebracht und uns damals am Anfang sehr gesegnet, als das alles so schnell geklappt hat. Er wird uns nicht im Stich lassen.

YP: Vielen Dank für das offene Gespräch und wir hoffen, und ich glaube da sprechen wir für fast die gesamte Jugend hier in ApoJo, daß sich ein Weg finden läßt und ihr doch hier bei uns bleiben könnt.