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  • U2 - Christen oder nicht?
Titelcover Nr. 21
Youthpaper Nr. 21, Februar 1996

U2 - Christen oder nicht?

von Carsten/YPR

U2 ist bei uns in der Gemeinde ein nicht gerade unbekanntes Thema. Deshalb wird Euch der folgende Artikel aus der SIDES sicher zusagen. Leider ist hier nur Platz für eine gekürzte Version. Dort, wo im Original noch mehr steht, habe ich ein "(...)" eingefügt. Wer mal den ganzen Artikel lesen möchte, kann ihn gerne von mir haben.

Jetzt noch vielen Dank an Petra Herkt, die den ganzen(!) Artikel in Windeseile aus dem Englischen übersetzte und abschrieb. (Klasse! Vielen, vielen Dank!)

Die Mysteriösen Wege von U2

(...) U2 dieser Tage unter christlichen Gruppen ins Gespräch zu bringen kann sehr gefährlich sein. Einst hochgehalten als das beste Beispiel für Christen in der progessionellen Musik Branche, werden sie jetzt von vielen Leuten als arrogante und egoistische Band angesehen, die schon lange ihre frühe religiöse Leidenschaftlichkeit aufgegeben haben. Tatsächlich wird von vielen Kirchen auf U2 mit dem Finger gezeigt, als Beweis für die Tatsaehe, daß die Musik-Industrie von Korruption zu durchsetzt ist, und daß sogar die stärksten Christen sich gegen die Verderbtheit nicht behaupten können.

(...) Wenn man U2 an der Oberfläche betrachtet, ist das verständlich, aber ein tieferer Blick hinter das, was U2 tut, erzählt nns eine andere Geschichte. (...)

Wir können nicht genau wissen, wovon U2 wärend ihrer 2 Jahres-Pause geträumt haben, aber jeder, der etwas über die Anfangszeit aus der Karriere von U2 weiß, könnte einige Ideen haben. Bevor sie ihr erstes Album aufgenommen hatten, waren für ihre Live-Konzerte zwei Persönlichkeiten charakteristisch, die Bono spielte - "der Junge" und "der Narr". Als es dann zu Aufnahmen kam, wurde "der Junge" zum Hauptcharakter und "der Narr" verschwand in die Unbedeutsamkeit. In den folgenden 10 Jahren wuchs "der Junge" zu einem Mann heran und U2s Punk Anfänge wurden genau das, wogegen Punk rebellierte. U2 waren der Inbegriff der "Stadion Rock Giganten", das soziale Gewissen der Rockmusik anführend. Sie sind diesen Weg soweit gegangen, wie sie konnten, haben die größten Hörerschaften erreicht, die man sich vorstellen kann und sie mußten noch mal ganz neu überdenken, was sie als Band erreichen wollten. Mit der Erkemttnis, daß "Stadion Rock" niemals persönlich oder subtil sein könnte, wurde U2 vor die Wahl gestellt: zurückzukehren zu kleineren intimeren Veranstaltungsorten oder den Rahmen ihrer musikalischen Arbeit ganz neu zu definieren. Ihre Popularität machte ersteres völlig unmöglich.

Auf der "Zooropa" Tournee benutzte U2 die neueste Technologie und modernste Bildersprache, um ihre Botschaft rüber zu bringen, während sie sich zur gleichen Zeit über den ganzen Rummel der heutigen Gesellschaft mit ihrer Satire lustig machen. Sie konstruierten sogar einen ganzen Song, Zooropa, aus den Slogans der Konsumkultur. ZOO TV bringt das auf eine Ebene, die niemals zuvor betreten wurde, ein Denkmal und eine Verspottung der post-modernen Gesellschaft. (...)

Während sich viele andere Popidole mit ihrem "Rock and Roll" Lebensstil verausgabt haben, haben U2 den Erfolgsdruck ziemlich gut bewältigt. Die Band hat erzählt, wie auch in ihrem Leben der Druck immer größer wurde, und wären sie denselben Weg weiter gegangen, dann wären sie auch ausgebrannt. Wie auch immer, die Erkenntnis der Absurdität des Rock `n Roll, hat wie ein Dämpfer gewirkt. Die Band hat so intensiv gelebt, daß der einzige Ausweg war, völlig auszuklinken. Während sie vorher lange versucht haben, dem Brimborium Rock `n Roll Stars zu sein, aus dem Weg zu gehen sind, haben sie jetzt Spaß daran, damit zu spielen, und alle Klischees aufs Korn zu nehmen. (...)

In U2s Neuerscheinung hat die Finsternis einen neuen Fluchtweg gefunden. Sie haben die Gefahr erkannt, die entweder in der Verleugnung der Finsternis liegt oder in dem man sich darauf zu sehr konzentriert, und haben angefangen damit zu spielen - sie aufzublasen, bis sie platzt. Dadurch, daß sie sie der Verachtung preis geben, leugnet U2 weder die Existenz der Finsternis noch erlauben sie, daß sie Kontrolle gewinnt.

Bonos Teufelsperson "Macphisto", hat wahrscheinlich mehr christliche Nackenhaare zum Sträuben gebracht, als alles andere, was U2 jemals gemacht haben, wobei die meisten Christen versagen zu verstehen, wo Bono steht. In einem Interview von einer prominenten irischen Tageszeitung kommentierte Bono, daß das ganze Konzept des Charakters von "Macphisto" Spott ist - frei nach dem Sprichwort: Verspotte den Teufel und er flieht von dir. Solch ironischer Humor ist in der ganzen Arbeit der Band zu finden und ist eine sehr effektive Art Menschen zum Nachdenken über das Gute und das Böse in der Welt zu bringen. Bono spottet, um seine Aussagen auf den Punkt zu bringen - und dieser Standpunkt wird zu tausenden von Menschen herüber getragen mit einer Effektivität, von der Prediger nur träumen können. (...)

Wir müssen aufhören, nach Vollkommenheit bei Menschen zu suchen, die Machtpositionen innehaben. Diese Menschen sind genauso Menschen wie wir offen für Zweifel, Depressionen, Verwirrung und Angst. Wir dürfen von Künstlern nicht erwarten, daß sie diese Gefühle verbergen, sondern müssen ihnen die Freiheit zugestehen, daß sie diese Gefühle ehrlich in ihrer Kunst ausdrücken. Sich anders zu verhalten ist eine Verleugnung von Lebensrealitäten. Weder löst Gott all unsere Probleme, noch nimmt er sie einfach weg, sondern er hilft uns durch sie hindurch. U2 hat bloß ein schwarzes Bild von der Welt gemalt, aber sie die betonen die rettende Botschaft, die das alles umfaßt.

Vielleicht müssen wir uns genauer anschauen, was die Gruppe U2 sagt und tut und die Auswirkung, die das hat. Dann könnten wir vielleicht mit ihnen über den Zustand der Welt weinen und uns mit ihnen über das Angebot der Erlösung freuen. (...)

Auf der "Zooropa" Tournee war Bono berüchtigt dafür, Leute anzurufen und zu belästigen, während er auf der Bühne stand. In Greenbelt 93 (der größten christlichen Veranstaltung der britischen Inseln) rief Pete Williams, einer der Koordinatoren von ZOO TV, direkt von der Bühne Bono an! (...) Er fragte Bono, ob es irgend etwas gibt, was er den Leuten in Greenbelt sagen wolle - Bono pausierte und antwortete "Alles, was Ihr wißt, ist richtig." Und die Menge explodierte.