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Youthpaper Nr. 58, Februar 2003

Das alte Europa

von Martin/YPR

Eine persönliche Stellungname
zum Irak-Konflikt

Da wurden wir doch alle ein wenig hellhörig, als ein gewisser US-Verteidigungsminister Rumsfeld vom alten Europa sprach. Gemeint waren Frankreich und Deutschland. Die Franzosen und wir Deutsche feierten zusammen das 40jährige Bestehen des Elyseè- Vertrages. Dieser Vertrag symbolisiert die Freundschaft zwischen beiden Staaten und damit auch das Ende der „Ära der Erbfeinde“. Deutsche und Franzosen haben sich fast leidenschaftlich gehasst, doch wir fanden einen Weg diesen Haß zu überwinden und Freunde zu werden.
Bush und Blair   Warum sollten wir das alte Europa sein?

Hr. Rumsfeld ist der Meinung wir und unsere Meinungen sind überaltert. Seine Aussage zielt auf die Äußerungen von Präsident Chiraq und Bundeskanzler Schröder, die eine friedliche Entwaffnung des Iraks wollen und keine militärische Intervention. Die US-Regierung ist kein Freund von anderslautenden Meinungen, dass wissen wir. Die USA ändern nur selten Ihre Gewohnheiten. Die Indianer konnten sie in Reservate stecken. Die „Schwarzen“ mußten sie als freie Bürger anerkennen, manche haben sich davon immer noch nicht erholt. Die 68er und damit auch die Vietnam - Proteste haben die USA geschockt. Das aber seit dem Ende des „Kalten Krieges“ ein Staat eine andere Meinung vertritt, dass ist noch nie vorgekommen. Was tun? Na klar, wir legen Beweise vor, um unsere Verbündeten zu überzeugen.
Reason?   Da sind nur zwei kleine Haken.
 

  1. Die Beweise waren nun wirklich nicht das Gelbe vom Ei.
  2. Wir wissen aus der Erfahrung, wie Beweise der Amerikaner aussehen: 1964 wurde im Sicherheitsrat der UNO behauptet, dass ein nordvietnamesisches Torpedoboot auf ein Schlachtkreuzer geschossen hätte. So fing der Vietnamkrieg an. Drei Wochen später finden amerikanische Zeitungen heraus: Diesen Angriff gab es nie, die USA haben vor der UNO gelogen. 1983 wurde von der USA behauptet, dass Grenada einen Militärflughafen für die Kubaner und Sowjets bauen. Folge war: Invasion. Der Hintergrund: Grenada wurde von einer linken Regierung regiert. 1990 hat die USA behauptet, unter George Bush sen., dass irakische Soldaten Babys in Kuwait aus den Brutkästen nehmen und sie auf den Boden legen, um sie so zu töten. Dass sagte eine Frau unter Eid aus. Die Frau hatte gelogen, es stellte sich heraus, dass es sowas nie gab. Die Frau war übrigens die Tochter des kuwaitischen Botschafters.

Rumsfeld/Pentagon   Wenn die USA jetzt behaupten die Iraker tun dies oder Sie tun das, also für mich ist die Glaubwürdigkeit der USA nicht sehr hoch. Höflich ausgedrückt. Hr. Rumsfeld setzt uns auf eine Stufe mit „Schurkenstaaten“, nun ja, wer ist mehr ein „Schurkenstaat“, der Staat der seine Meinung offen sagt oder der Staat der seine Bevölkerung immer wieder anlügt?

Die USA haben anscheinend ein bißchen in der Vergangenheit geblättert. Das alte Europa war angehäuft mit Staaten die vom Imperialismus und Militarismus geprägt waren.

Aber auch Humanismus und Aufklärung spielten eine große Rolle. Mittlerweile bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass Europa ein „neues Europa“ darstellt. Wir setzen auf friedliche Lösungen. Aber wenn ich mal so über den Ozean schaue, da sehe ich mittlerweile dass „alte Europa“. Nur leider ohne Humanismus und Aufklärung.

Also Hr. Rumsfeld: Vielleicht wollten Sie uns Ihr Land näher bringen. Wir haben es nun erkannt. Richten Sie Herrn Bush jun. und sen. aus, dass wir am alten Europa, was Sie repräsentieren, kein Interesse mehr haben.

Und übrigens Herr Rumsfeld: Willkommen in der freien Welt.
 

Foto: Rumsfeld