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Titelcover Nr. 04
Youthpaper Nr. 04, Februar 1993

Wer nicht fragt, bleibt dumm!
Zum Thema: Wehrpflicht

Mit der deutschen Einheit gilt die Wehrpflicht auch für die jungen Männer Berlins. Diese Tatsache wird den Lebenslauf derer, die wehrpflichtig sind - und wehrpflichtig ist man mit der Volljährigkeit - verändern. Alle diejenigen, die 1973 oder später geboren sind, können auf jeden Fall davon ausgehen, nicht nur wehrpflichtig zu sein, sondern, sollten sie tauglich sein, auch Wehr- bzw. Zivildienst leisten zu müssen. Bei den Jahrgängen davor ist es ein Glücksspiel, daher sollten diese nicht zu früh frohlocken, eventuell kommen sie später noch dran. Wie bereits gesagt, die Wehrpflicht verändert den Lebenslauf, denn grundsätzlich muß jeder damit rechnen, entweder nach mittlerer Reife und anschließender Lehre oder nach dem Abitur erst einmal "dienen" zu dürfen. Dabei könnten durchaus bereits gemachte Zukunftspläne zerstört oder zumindest verschoben werden.

Also gilt für die Berliner Jungens: Die Zeit des Wehr- bzw. Zivildienstes, derzeit 12 bzw. 15 Monate, in der Zukunftsplanung rechtzeitig berücksichtigen!

Wie läuft diese "Wehrpflichtgeschichte" denn nun eigentlich ab?

Ist der Mann 18 Jahre alt, bekommt er die Erfassung. Dabei macht er alle für den Bund nötigen Angaben zur Person und kann einen Zurückstellungsantrag stellen. Wenn er z. B. noch im Abi oder in der Lehre steckt, wird er bis zu deren Abschluß noch nicht einberufen. Der Rest der Prozedur läuft jedoch weiter. Der nächste Schrift, der ein paar Monate auf die Erfassung folgt, ist die Musterung. Dabei werden Männer in fünf Klassen eingeteilt:

"Güteklasse" 1: wehrdienstfähig (tauglich)

"Güteklasse" 2: tauglich mit Einschränkungen für bestimmte Tätigkeiten "Güteklasse" 3: tauglich mit Einschränkungen für den Grundwehrdienst und best. T. "Güteklasse" 4: vorübergehend nicht wehrdienstfähig

"Güteklasse" 5: nicht wehrdienstfähig (untauglich)

Der "5. Klasse-Mann" braucht nicht zu dienen, es sei denn, er war so unklug, bereits vorher schriftlich oder auch nur mündlich zu verweigern, denn dann ist er zwar untauglich für den Wehrdienst, aber dennoch in der Regel tauglich für den Zivildienst und darf dann auch "dienen".

Somit wichtig: Solange man nicht weiß, was für eine Klasse Mann man ist, nicht verweigern, sondern Klappe zu, auch, wenn die Bundeswehrleute noch so tricksen und drängen, denn verweigern darf man zu jedem (!) Zeitpunkt, selbst dann, wenn man schon bei der Bundeswehr ist. Nach der Musterung bleibt noch genug Zeit zu verweigern.

Auf die Musterung folgt nach einigen Wochen die Eignungs- und Verwendungsprüfung (EVP), damit der richtige Mann an den richtigen Platz in der Bundeswehr kommt. Hier dürfen dann Vorlieben und Wünsche geäußert werden, z. B. :"Ich will Scharfschütze werden!" (Wer anerkannter Kriegsdienstverweigerer (KDV) ist, braucht nicht zur EVP !)

Danach kommt nach Wochen oder Monaten oder, mit etwas Glück, auch gar nicht die Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst. Zur Zeit können nur ein Drittel aller Tauglichen zum Bund einberufen werden - Platzmangel. Beim Zivildienst ist nur für zwei Drittel Platz. Die restlichen Drittel fallen unter den Tisch. Doch Vorsicht: Die Zahlen gelten zur Zeit, können sich aber ändern! Woher soll man außerdem wissen, zu welchem Drittel man gehört?

Der Platz hier reicht natürlich nicht aus, um auf alles einzugehen, was sich um das Thema Wehrpflicht dreht. Wie sieht eine Verweigerung aus? Was gehört dazu? Wie komme ich an einen Zivildienstplatz meiner Wahl?

Wer solche oder andere Fragen hat, oder irgendwie unsicher bzgl. der Wehrpflicht ist, sollte anrufen unter 415 38 30!

Denn: Wer nicht fragt, bleibt dumm!

Euer Norman (Mann 2. Klasse, KDV und Zivi)